Zusatzentgelte im Krankenhaus – Hintergrund und NuTzen
Zusatzentgelte (ZE) ermöglichen Kliniken, besondere Leistungen, Medikamente oder Medizinprodukte zusätzlich zur DRG-Fallpauschale abzurechnen. Sie gelten als wirtschaftlicher Marker für innovative, oft kostenintensive Therapien – und sind damit auch ein strategisch bedeutsames Signal für Unternehmen aus dem Healthcare-Bereich. Wer Zusatzentgelte gezielt analysiert, erhält wertvolle Hinweise auf die tatsächliche Versorgungspraxis und die potenzielle Nachfrage im Klinikmarkt.
Für Entscheider aus Vertrieb, Business Intelligence oder Commercial Excellence bietet die Analyse von Zusatzentgelten eine effektive Grundlage zur:
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Identifikation relevanter Zielkliniken
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Einschätzung regionaler Marktpotenziale
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Strategischen Steuerung des Klinikvertriebs
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Priorisierung von Kliniken, Gebieten und Produktgruppen
Datenlage: WELCHE INFORMATIONEN ÜBER ZUSATZENTGELTE LIEGEN VOR
Leistungen, für die Zusatzentgelte abrechenbar sind, werden durch die Vertreter der Kostenträger und der Krankenhäuser in jedem Jahr im Fallpauschalenkatalog vereinbart. Unterschieden wird dabei in Zusatzentgelte mit fixem €-Betrag und solche, deren Höhe individuell zu verhandeln ist.
In dem jährlich gültigem Fallpauschalen-Katalog des InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) werden alle abrechenbaren Zusatzentgelte aufgelistet. Für das Jahr 2023 existieren insg. 228 Zusatzentgelte. Davon sind 74 (größtenteils noch weiter differenziert) mit bundeseinheitlichen €-Beträgen und 154 individuelle Zusatzentgelte. Die Höhe der Zusatzentgelte variiert dabei teilweise beträchtlich: Zwischen 28,63 € bei der „Gabe von Temozolomid, oral“ mit 200 mg bis unter 350 mg (ZE78) über € 8.994,78 bei der „Implantation eines endobronchialen Klappensystems“ (ZE100) bis zu 478.969,60 € für die „Gabe von Eculizumab, parenteral“ mit 25.200 mg oder mehr (ZE154.31).
Jedem Zusatzentgelt sind ein oder mehrere Operationen und Prozeduren (OPS) bzw. Diagnosen (ICD) zugeordnet. Die Zusatzentgelte des Jahres 2023 sind mit insg. 3.764 verschiedenen OPS-Codes und 48 unterschiedliche ICD-Codes zugeordnet. Für diese im Krankenhaus erbrachte Leistungen können die Kliniken also unter bestimmten Voraussetzungen Zusatzentgelte gegenüber den Kostenträgern geltend machen.
Welche Zusatzentgelte jedes einzelne Krankenhaus letztendlich abrechnet, ist verständlicherweise nicht bekannt. Aus wirtschaftlicher Sicht wäre es natürlich sehr nachlässig, diese zusätzlichen Erlöse nicht abzurechen – gerade weil es sich bei diesen Leistungen um solche handelt, deren Aufwand nicht gänzlich durch das DRG-Fallpauschalensystem abgebildet wird.
Die Datenlage bei den Zusatzentgelten lässt sich daher wie folgt zusammenfassen:
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Welche OPS-/ICD-Codes können ein Zusatzentgelt auslösen
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Wie hoch der ZE-Betrag pro Fall ist (bei bundeseinheitlichen ZEs)
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Keine Informationen über die Anzahl der abgerechneten ZEs auf Klinikebene
Verknüpfung MIT WEITEREN DATENQUELLEN
Ein Blick auf den Fallpauschalenkatalog und die dort definierten Zusatzentgelte ermöglicht wie beschrieben bereits Rückschlüsse auf die Relevanz bestimmter stationärer Leistungen. Doch erst durch eine Verknüpfung der ZE-Informationen mit weiteren Datenquellen könne diese ihr gesamtes Potenzial entfalten:
Fallzahlen aus der Qualitätsberichtserstattung
Die Qualitätsberichte der Krankenhäuser enthalten neben vielfältigen Strukturinformationen auf Klinik- und Fachabteilungsebene insbesondere auch die detaillierte Fallzahl der gestellten Hauptdiagnosen (ICD-Codes) sowie der durchgeführten Operationen und Prozeduren (OPS-Codes). Durch Verknüpfung der realen Fallzahlen aus den Qualitätsberichten und den Informationen zu den Zusatzentgelten lassen sich datengestützt zielsicher bis auf Abteilungsebene Potenziale für die Abrechnung von Zusatzentgelten bestimmen.
Diese systematische Verknüpfung macht sichtbar, welche Kliniken in hoher Fallzahl Leistungen erbringen, für die ein Zusatzentgelt abrechenbar wäre. Daraus ergibt sich eine belastbare Indikation für Marktpotenziale – ganz ohne vertrauliche Abrechnungsdaten der Häuser.
Genau dies ist z.B. auch mit unserem SALETELLIGENCE Hospital Navigator möglich. Das Webtool verknüpft die Daten der strukturierten Qualitätsberichte und die darin enthaltenen Fallzahlen mit den ZE-Informationen, sodass auf Knopfduck spannende Ergebnisse zur Verfügung stehen.

Auswertung für vier verschiedene Zusatzentgelte mit dem SALETELLIGENCE Hospital Navigator
ZUSATZINFORMATIONEN DURCH DESK-RESEARCH GENERIEREN
Da es sich bei den zusatzentgeltfähigen Leistungen um sehr spezielle Bereiche der Versorgung handelt, ist für die Abrechnung eine gewisse Expertise Voraussetzung. Aus verschiedenen Webquellen und Datenbanken lassen sich indikationsspezifisch Zusatzinformationen erheben, die wertvolle Erkenntnisse ermöglichen. Beispielhaft sind hier zwei Quellen zu nennen:
- Publikationen: Wissenschaftliche Artikel und Beiträge von Ärzten sind ein sehr guter Indikator für Behandlungsschwerpunkte und Spezialisierungen in bestimmten Bereichen.
- Keyword-Suche: Eine systematische Suche nach einzelnen Begriffen und Schlüsselwörtern auf den Homepages der Kliniken liefert weitere Hinweise auf Kliniken, in denen Zusatzentgelte und die zugehörigen Leistungen von hoher Relevanz sind.
Eine solch umfassender Desk-Research ist zwar technisch sowie analytisch anspruchsvoll und mitunter sehr zeitaufwändig – liefert jedoch eine objektive Grundlage für weitere Entscheidungen im Vertrieb.
Praxisbeispiel: Marktanalyse eines zusatzentgeltFÄHIGEN Implantats
Ein mittelständisches Unternehmen vertreibt ein innovatives Implantat und steht nun direkt vor der Markteinführung. Ein besonders hohes Potenzial wird bisher bei Unikliniken und weitere zertifizierte Zentren vermutet. Diese wurden daher in einem ersten Schritt als Zielkunden definiert.
Da das neuartige Implantat sowohl einem speziellen OPS-Code zurechenbar und für diesen auch noch ein bestimmtes Zusatzentgelt abrechenbar ist, ergeben sich vielfältige Möglichkeiten weit über die bislang recherchierte Klinikliste hinaus:
- Marktvolumen: Das Unternehmen war bisher von einem relativ kleinen Markt ausgegangen. Die Fallzahlen zeigen jedoch, dass die zugehörige Operation in vergleichsweise vielen Kliniken durchgeführt wird. Ein Blick auf die Konzentrationskurve wird zudem klar, dass deutlich mehr Kliniken als vermutet den OPS-Code in hoher Fallzahl berichten.
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Fallzahl je Krankenhaus: Bei der Analyse fällt auf, dass neben den bisher als relevant erachteten Zielkunden noch ganz andere Kliniken auf Implantationen dieser Art spezialisiert sind.
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relevante Fachabteilungen: Eine differenzierte Betrachtung der Fallzahlen zeigt, dass Allgemein- und Unfallchirurgische Abteilungen eine untergeordnete Rolle bei der Behandlung relevanter Patienten spielen. Das Unternehmen konzentriert sich daraufhin stärker auf die jene Fachabteilungen, in denen die Fälle tatsächlich behandelt werden.
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Zusatzentgelte: Das zugehörige Zusatzentgelt ist laut Fallpauschalenkatalog nur in Verbindung mit zwei weiteren OPS-Codes abrechenbar. Eine Anaylse, in welchen Häusern genau diese drei Codes dokumentiert wurden, präzisiert die Liste der für ZE infrage kommenden Kliniken extrem.
- Kommunikationsstrategie: In ersten Gesprächen wird deutlich, dass nicht alle Kliniken über die Möglichkeit der Abrechnung der Zusatzentgelte bei dieser speziellen Leistung informiert sind. Der Mitarbeiter kann vor Ort einen erheblich Mehrwert für das Krankenhaus generieren, weit über die medizinisch-fachlichen Aspekte hinaus. So wird das partnerschaftliche Verhältnis langfristig gestärkt.
Fazit: Zusatzentgelte analysieren heißt Klinikpotenziale erkennen
Auch ohne direkte Abrechnungsdaten lässt sich mit der richtigen Methodik transparente Marktintelligenz im Krankenhaussektor aufbauen. Die Analyse von Zusatzentgelten eröffnet Pharma- und Medizintechnik-Unternehmen umfangreiche Möglichkeiten.
Mit der richtigen Herangehensweise gelingt dieser datengetriebene Blick auf den Krankenhausmarkt strukturiert, skalierbar und praxisnah – ein klarer Wettbewerbsvorteil für alle, die den Klinikmarkt verstehen und erfolgreich bearbeiten wollen.
Möchten Sie mehr zu diesem Thema erfahren? Kontaktieren Sie gerne unseren Kollegen Herrn Tim Strauch unter 0521 2997-415 oder tim.strauch@saletelligence.de.